Krieger oder König ?

Es gibt mehrere Ansätze, mit denen die Figur des Artus oder zumindest einzelne Aspekte seiner Geschichte in die reale Geschichte eingebunden werden können. Einige Historiker gehen davon aus, daß es den Namen „Artus„ als Eigenname gar nicht gab, sondern daß es sich dabei um eine Kombination aus lateinischen und keltischen Ehrennamen handelte.
Bei keltischen Stammesführern oder Kriegern war es offenbar üblich, sich einen oder mehrere Beinamen zuzulegen, die sich auf spezielle Eigenarten oder Fähigkeiten der damit bezeichneten Person bezogen. Diese Tradition gab es auch noch im Mittelalter, sogar bis ins späte Barock und zwar in ganz Europa.
(°)Bei dem Namen Art-us oder Arth-ur geht man davon aus, daß er sich aus dem keltischen Art(h) > Bär und dem lateinischen Ursus, das ebenfalls Bär bedeutet, zusammensetzt. Demnach lautete der Name ursprünglich also Artursus und soll irgendwann im Sprachgebrauch auf Artus verkürzt worden sein. Diese Doppelbenennung schien während der römischen Okkupation offenbar notwendig, um sowohl die Anhänger der alten keltischen Traditionen als auch die latinisierten Briten zufrieden zu stellen.
Diese Interpretation würde ergo auf die These hindeuten, daß Artus entweder einer der letzten römischen Statthalter, ein hoher römischer Offizier, oder aber eine bedeutende britische oder keltische Führerfigur seiner Zeit war, da er sich auf die römische Tradition berufen konnte und auch mußte.
Der Bär galt den Inselkelten als „Königstier„, vergleichbar etwa dem Löwen als „König der Tiere„ in der Fabel. Einen Titel „König„ im Sinne eines Staatsoberhauptes kannte man noch nicht. Jeder Stammeshäuptling war zugleich König und sein eigener Herr. Lediglich zu Kriegszeiten oder bei einem Schlachtengang, wenn es galt, mehrere Stammesverbände unter ein gemeinsames Kommando zu stellen, wurde einer zum Kriegsherrn ausgerufen, der dann oft einen mythologischen Titel zugesprochen bekam – nicht selten auch posthum, weil es den Sagenerzählern gefiel und den Literaten zum Aufpolieren ihres Stoffes genügte.

Nun gibt es jedoch tatsächlich schriftliche Hinweise auf einen britischen Feldherrn im 5. Jahrhundert, den man als „den Bären„ bezeichnete. Sein tatsächlicher Name lautete Enniaun Girt (einige behaupten, es sei in WIrklichkeit sein Sohn Owain Ddantgwyn gewesen) und er stammte aus Nordbritannien. Von Enniaun Girt heißt es, daß es ihm gelang, an die 900 britische Krieger zusammenzurufen um den Sachsenfürst Hengist und seine Krieger zu besiegen, wobei jedoch die Zahl 900 (und mehr) schon auf einen gewissen sagenhafen Einfluß oder auf bardischen Eifer schließen läßt. Den wenigen Chroniken, die aus dieser Zeit erhalten geblieben sind, ist zudem zu entnehmen, daß dieser Enniaun Girt niemals König war. War dies vielleicht jener „der nicht Artus hieß„, den der Barde (Druide) Aneirin Ende des 6.Jh. in seinem Gedicht Gododdin erwähnt, oder handelte es sich um den legendären Emrys Gwledig, dessen „Name„ auch nicht mehr hergibt, als daß es sich dabei um einen Titel und nicht um einen Eigennamen handelt, wie aus der christianisierten Sage um den Merlin hervorgeht ?
Berücksichtigt man Aneirins Schlachtenschilderung und die Möglichkeit, daß den Sohn des Enniaun Girt diese Schlacht geen die sächsischen Invasoren auf britischer Seite anführte oder daran beteiligt war und in Cammlan zu Tode kam, so tut sich eine weitere von vielen Möglichkeiten der Spekulation auf. Präzise Daten gibt es keine, lediglich einen Spielraum und Spekulationen, in die sich später alles mögliche hineinpacken ließ, wie uns die populäre Überlieferung des Artus zur Genüge beweist.


(weiterlesen: Der richtige Artus)