Der richtige Artus

Britannien wurde gemeinsam vom Rat der Stämme und dem Comes Britanniarum (Gouverneur Britanniens) regiert, dessen Name ebenfalls überliefert ist: Ambrosius Aurelianus, ein latinisierter Brite hohen Ranges. Aus ihm, Enniaun Girt und Emrys Gwledig und – wie wir noch sehen werden - einer weiteren historisch verbürgten Figur, entstand höchstwahrscheinlich später die Sage von dem legendären Artus Pendragon, dem Wunsch-Hochkönig von Britannien. Den Titel Artus „Pendragon„ wird der mögliche Artus jedoch nie getragen haben, denn er beschränkte sich auf seinen mythologischen Vater Uther und ist auf eine ebenso mythische Himmelserscheinung zurückzuführen, die Uther von Merlin gedeutet wurde.
Nachdem durch Vergleiche auch die Theorie, Artus sei eine verschollene keltische Gottheit gewesen (die sich in eine menschliche Person - hier wird die Wandlung des Seegottes Lir in König Lear zitiert - oder eine fiktive Gestalt wie Beowulf verwandelt hat) aus der Welt geschaffen wurde, schien das Thema zwangsläufig beigelegt. Eine reale Chance den tatsächlichen Artus aus Britanniens Mythologie und Geschichte auszugraben war nicht mehr in Sicht , nicht in Nordbritannien jedenfalls, wohl aber in Wales oder im Westen.
In Wales erinnert man sich an die Zeit nach dem Abgang der Römer, als die Briten unabhängig wurden. Es folgten die Kämpfe gegen die „Barbaren„, die u.a. aus Jütland eindrangen und die zeitweilig auch erfolgreich abgewehrt werden konnten. Bis der legendäre Artus, Kämpfer gegen die Angeln und Sachsen und Begründer des Ritterordens der Tafelrunde ab dem 12. Jh. durch Autoren wie , Monmouth, Wace, de Troyes, Boron, Eschenbach und Tennyson zum Publikumsliebling avancierte, waren die Waliser fast die einzigen gewesen, die schriftliche Zeugnisse über einen Artus besaßen. Dieser Artus wird von ihnen als „Anführer„ bezeichnet. In den frühesten Erwähnungen und walisischen Texten wird ihm nie der Titel „König„ gegeben. Erst hochmittelalterliche walisische Texte bezeichneten ihn als Amerauder „Imperator„. Man kannte aber offenbar keinen Arthur oder Artus, der auch nur ansatzweise als Heldenfigur dem Mythos – so wie er schon gewachsen war – entsprechen würde. Während die Waliser ihre sehr spezifische Meinung über den „Anführer„ hatten, wurde er von den Briten als Held verehrt.
Geoffrey Ashe und Fleuriot, offenbar nach Sichtung u.a. des walisischen Materials, setzen Artus mit einem gewissen Riothamus gleich, „König der Brettonen„, der während der Herrschaft des römischen Kaisers Anthemius aktiv war. Ein historischer Schlachtzug Mitte des 5 Jh. in Gallien wird zum „arthurischen Knoten„, der sich bei G. Ashe nach einer näherer Begutachtung aufzulösen scheint.

G. Ashe: „Zum richtigen Moment kann man einen kurzen, aber verläßlichen Blick auf einen Mann erhaschen, der als König der Briten beschrieben wird und der eine Rolle in den letzten, von Tumulten geprägten Zuckungen des westlichen Kaiserreiches spielte. (...) daß er 468 ein Heer nach Gallien führte und bis ins Zentrum des Landes vordrang.(...) von dem Visigothenkönig Euric geschlagen, zog er sich ...zurück.(...) „

Dieser Schlachtenführer wird an zwei Stellen Riothamus bezeichnet, kein Name, aber ein latinisierter Terminus, der den britischen Titel oder Ehrentitel aufgreift, der wahrscheinlich einen Hochkönig wie Vortigern bezeichnet, wobei Vorftigern ebenfalls eher eine Bezeichnung, denn einen Eigennamen darstellt.
Nach Geoffrey Ashes Ausführungen und Hinweisen, „ließe sich argumentieren, Arthurs Original oder zumindest Teil-Original„ ausfindig gemacht zu haben„.
Es geht die Rede von dem selbsternannten britischen König Maximus(Macsen). Im Zusammenhang mit Maximus und Conan, so Ashe, würde offenbar von demselben Briten geredet, und dort hieße jener Riothamus Arthur.
Laut G. Ashe gehört Artus in die 60er Jahre des 5. Jahrhunderts.
Gegenargumente meinen, daß Riothamus unglücklicherweise eine Schattenfigur sei, von der wenig bekannt ist. Gelehrte sind nicht sicher, ob die Brettonen, die er anführte, Briten oder Bretonen waren.

G. Ashe: „Es liegt auf der Hand, daß er nicht alle Daten abdecken kann (...) aber Artus-Riothamus als Ausgangspunkt für eine Legende bleibt glaubwürdig.„

Ob er als Ausgangspunkt der Legende maßgeblich war, bleibt offen. Beigetragen zur Legende hat aber zweifellos ein römischer General namens Lucius Artorius Castus, der als Präfekt des "legio VI victrix" die in römischem Sold stehenden Sarmaten (offenbar 5500 an der Zahl) u.a in Cambogglana (Camlan) befehligte. Seine Person wurde authentifiziert durch den Fund eines Grabsteins, der seinen Namenszug trägt und in die Zeit um 200 datiert wurde. Seine Person und die Berichte über seine untergebene Truppe, die Sarmaten lassen Vermutungen zu, die ein neues Licht auf die Artuslegende werfen. (siehe:Schwert ex Saxo)

Die Sarmaten unter Artorius verwendeten ein windsackähnliches Feldbanner, das einem Drachenkopf trug und beim Windeinschlag während dem Reiten ein "brüllendes Geräusch" verursachte, was wohl zusätzlich zu ihrer nonkonformen Kampfart und ihrer für die Briten ungewohnten Lamellenpanzerrüstung, nebst den überlangen Lanzen ein möglicherweise verheerenden Eindruck hinterließ.

Nach ihrem Abzug war die Region in der sie gewirkt hatten sozusagen militärisch leergefegt. Erhalten blieb das Drachensymbol, vielleicht in Wales aber sicherlich als Hausbanner des Artus und seiner Tafelrunde, nicht zu vergessen der Ort oder die Garnison Camboglanna (Camlan > Camelot?? ), die als Endpunkt der langen Reise des Artus in die Legende einging.

Zieht man in Betracht , daß um die Artusfigur ein vorworrenes Netz von ausgeschmückten Überlieferungen, Sagenbruchstücken und literarischen Entfremdungen gesponnen wurde und bringt man die wenigen möglichen historischen „Wahrheiten„ in Bezug, dann kann man auch davon ausgehen, daß die „Anreihung„ von Heldentaten nicht von einer Person geleistet wurden, sondern teils erfunden sind, teils von anderen, sogar irischen und germanischen Heldenfiguren „übernommen„ wurden und insgesamt einen Lebenszeitraum abdecken, der so dicht gefüllt ist, daß dem Helden selbst nicht einmal genug Zeit bleibt um menschliche Aspekte anzunehmen und neben den Kämpfen ein Privatleben zu führen.


(weiterlesen: Das Schwert ex saxo)