1. Key und Arthur

Frühling. Zwei Männer waren in Eile, sie durchquerten mit grossen Schritten die weite Ebene, denn der Abend nahte und sie suchten ein Quartier für die Nacht. Myrddin und Taliesin hatten wegen der Genesungszeit Myrddins einige Jahre den Kontakt zum Volk verloren. Die Vision des Myrddin über die Geburt eines britannischen Königs hatte sie nunmehr zur Eile angetrieben. Das Schiksal Britanniens stand auf dem Spiel.
Unterwegs stürmten die Neuigkeiten regelrecht auf sie ein. Vieles war geschehen und nur wenig Gutes war hervorzuheben gewesen. Trotz der mutigen und unerbittlichen Kämpfe König Emrys und seiner Krieger war es ihnen nicht gelungen die Lloegriens zurückzudrängen. Sie waren zahlreich gekommen und hatten sich im Westen des Landes schon einige Stützpunkte eingerichtet. Britannien war inzwischen in drei Teile aufgeteilt, das Land Kymry, das Pikt- und Skotenland und jener grosse Teil den man allgemein als das Koenigreich Lloegr bezeichnete.Myrddin machte sich schwere Vorwürfe und schrieb sich die Schuld an dieser Lage zu, da er während mehreren Jahren nicht auf dem Plan des Geschehens gewirkt hatte. Sein Freund Taliesin jedoch munterte ihn wieder auf und so zogen sie eiligen Schrittes gen Kaerllion an der Wysg , der Burg von Emrys Gwledig.
An diesem Frühlingsabend näherten sie sich einem befestigten Dorf, das von Kynyr Keinvarvawk geführt wurde. Kynyr war ein guter und gerechter Clanchef in den besten Mannesjahren. Seine Zeit widmete er seiner Gattin und seinen fünf Kindern und dem Kämpfen und der Jagd an der Seite seines Königs Emrys. Zwei seiner fünf Kinder - Kei und Gwyar - waren seine eigenen, während die drei anderen unter seine Obhut und seine Erziehung gestellt worden waren. Diese drei Kinder waren einige Jahre zuvor in Kelly Wic zur Welt gekommen und nachdem ihre Eltern in einer verheerenden Schlacht mit den Lloegriens ums Leben gekommen waren, hatte man sie entsprechend der Tradition in seine Familie integriert, damit sie wohlbehütet seien und eine gute Erziehung genössen. Kynyr liebte sie wie seine eigenen Kinder und machte zwischen allen keinen Unterschied. So wuchsen Arthur, Morgwen und Ana in einer denkbar guten Familie auf.
Kei war der Aelteste und ein sehr lebendiger, sprunghafter und verspielter Junge, während Gwyar, der Jüngste eher ruhig und zurückgezogen war. Von den derei anderen Kindern war Arthur der älteste und schon in jungen Jahren ein äusserst wilder und rauflustiger Junge. Morgwen, seine ältere Schwester war sehr zurückgezogen, fast schon geheimnisvoll und zog es vor allein zu sein. Ana die Jüngste war sehr aufgeschlossen, lachte gerne und spielte am liebsten mit den Jungen.

Kynyr war stolz auf seine Kinder und teilte dies auch Myrddin mit, als er ihn und Taliesin in seinem Dorf willkommen hiess. Nachdem die Kinder schlafen gegangen, waren unterhielten die drei Männer sich noch lange über die Lage Britanniens und die wachsende Gefahr der Lloegriens. Kynyr war neugierig und er beschloss die Fähigkeiten Myrddidns auf die Probe zu stellen. Er fragte, ob Myrddin ihm etwas über die Zukunft seines Sohnes Kei mitteilen könne.
"Dein Sohn wird als Kei Hir der Lange in die Geschichte Britanniens eingehen. Keiner wird das Feuer und das Wasser besser ertragen als er".
Kynyr war mehr als erfreut über diese Meinung aus dem Munde des Berufenen und insgeheim beruhigt und stolz schlug er vor, numehr schlafen zu gehen.
Bevor Myrddin sich auch zurückzog, heftete sich sein Blick noch kurz auf die drei anderen Kinder und verweilten etwas länger und nachdenklich auf Arthur. Während Kynyr diese Blicke entgangen waren, hatte Taliesin sie jedoch bemerkt. Er entschloss sich allerdings aus Respekt seinem Freund gegenüber nicht weiter auf diese Beobachtung einzugehen. Insgeheim aber war er überzeugt, dass - hätte Kynyr den Myrddin auch nach den anderen Kindern befragt - dieser in Bezug auf Arthur eine besondere Ueberraschung erlebt hätte.
Die Jahre zogen ins Land, ruhige und lehrreiche Jahre für die Kinder Kynyrs. Kei und Arthur entwickelten sich zu waffenkundigen und mutigen Jungkriegern, denen es unter der Haut juckte, endlich mit dem Koenig in die Schlachten gegen die verhassten Lleogriens ziehen zu können. Derweil sie keine Gelegenheit ausliessen sich in Waffen zu üben, entdeckten Ana und Gwyar ihre junge Liebe, die sie wohlweislich im Verborgenen auslebten.
Ana gebar einen Sohn, den - da sie keine Schande auf ihren Vater kommen lassen wollten - sie der Obhut eines vorbeikommenden Kriegers übergaben.
Weder die jungen Eltern noch der neue Ziehvater des Jungen konnten wissen, das dem Kind eine grosse Zukunft bevorstand.


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